Auffällige Cholesterinwerte

Zu hohes Cholesterin bedeutet, dass die bei Ihnen die gemessenen Blutwerte für LDL und/oder das Gesamtcholesterin auffällig sind, weil sie die durchschnittlichen Richtwerte für Cholesterin übersteigen. Dies weist auf ein erhöhtes Risiko für Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und deren Folgeerkrankungen hin und sollte daher ärztlich behandelt werden.

Wie hoch das LDL-Cholesterin (LDL-C) in Ihrem Fall sein darf, hängt vom sogenannten Herzkreislauf-Gesamtrisiko (CV-Risiko) ab. Grundsätzlich gilt: Je mehr Risikofaktoren für die Entstehung von Herz- und Kreislaufkrankheiten vorhanden sind, umso niedriger sollten die LDL-Cholesterinwerte sein.

LDL-Cholesterin gilt als das „böse Cholesterin“, da erhöhte LDL-Werte eine Gefäßverkalkung mit gefährlichen Folgen nach sich ziehen können. Aber auch die Triglyzeride haben einen ungünstigen Einfluss auf die Gefäße.

Der Gegenspieler HDL – das so genannte „gute Cholesterin“ – hat hingegen positive Auswirkungen auf die Gefäße und den Cholesterinspiegel. Ein hoher HDL-Wert kann einen hohen LDL-Cholesterinwert aber leider nur begrenzt kompensieren, so dass sich heute die Therapieziele vorwiegend an den LDL- Werten orientieren. Welche Cholesterinwerte dabei als normal und welche als risikoreich gelten, muss der behandelnde Arzt individuell in Abhängigkeit von den vorliegenden Risikofaktoren und den Ergebnissen des individuellen Gesundheitschecks beurteilen.

Patienten sollten den Rat von Cholesterin-Experten einholen

Zu hohe Cholesterinwerte erhöhen zwar das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, aber bei jedem Menschen wirkt sich zu hohes Cholesterin anders aus. Auf der einen Seite gibt es Menschen, die haben bei nur gering erhöhten Cholesterinwerten deutliche Verkalkungen der Gefäße, auf der anderen Seite gibt es aber auch Menschen, die trotz eines sehr hohen Cholesterinspiegels eine nur geringe Arteriosklerose haben.

Mit einer Messung der Intima-Media-Dicke (IMD) der Halsschlagadern anhand einer Doppler-Sonographie kann z. B. das Herz-Kreislauf-Risiko besser abgeschätzt werden. Im Rahmen eines Herz-Gefäß-Checks kann zusätzlich die Elastizität der Adern anhand der Messung der Pulswellengeschwindigkeit und des Augmentationsindexes erfasst werden. Wichtig zur Abschätzung des Risikos ist zudem die Messung des zentralen („aortalen“) Blutdruckes, da dieser dem tatsächlichen Blutdruck in den Gefäßen besser entspricht als der am Oberarm gemessene Blutdruck. Um das individuelle Risiko beurteilen zu können, sollte auch eine Ultraschalluntersuchung der Bauchaorta, ein Belastungs-EKG, eine Stress–Echokardioraphie und ein Farb-Doppler-Ultraschall der Hals- und Beingefäße zur Darstellung eventueller Ablagerungen (Plaques) durchgeführt werden. In Grenzfällen veranlassen wir zur Entscheidungsfindung ein Herz-CT mit einem Kalzium-Scoring der Herzkranzgefäße bei einem Kooperationspartner.

Hinzu kommen umfangreiche Laborbestimmungen von Spezialwerten wie Apolipoprotein B und Non-HDL-Cholesterin, durch die das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall noch genauer eingeschätzt werden kann. Bei etwa 20 % der Patienten wird durch die alleinige Messung des LDL-Cholesterins das für die Risikobeurteilung wichtige Gesamt-Apolipoprotein B unterschätzt. Dies ist besonders häufig der Fall bei Patienten mit hohen Triglyceriden, Diabetes mellitus, Übergewicht oder sehr niedrigem LDL. In diesen Fällen sollte auf jeden Fall auch Apolipoprotein B und das Non-HDL-Cholesterin bestimmt werden.

Die Untersuchungen des Herz-Gefäß-Checks werden von Privaten Krankenkassen und Beihilfestellen übernommen, da sie den Leitlinien und Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und der European Artherosclerosis Society (EAS) folgen.

Hohe Cholesterinwerte wirken sich bei jedem Menschen anders aus. Nicht selten haben Patienten trotz hoher Cholesterinwerte gute Gefäße. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Menschen, bei denen ein nur geringfügig erhöhter Cholesterinspiegel zu schweren Verkalkungen geführt hat. Die Entscheidung für oder gegen Medikamente muss deshalb vom individuellen Risiko und nicht alleine von der Höhe des Cholesterinwertes abhängig gemacht werden.

Die Experten in unserer Cholesterin-Spezialsprechstunde beraten Sie hierzu gerne persönlich.

Die aktuelle Empfehlung der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) können Sie hier einsehen.

Gesunde Menschen mit niedrigem Risiko

Ein niedriges Risiko liegt vor, wenn das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten 10 Jahren zu bekommen unter 1% liegt. Das Risiko kann mit einem SCORE (Systematic Coronary Risk Estimation) errechnet werden. Die verbreitesten Score-Systeme sind der ESC-SCORE und der PROCAM-SCORE (Prospective Cardiovascular Munster Study).

Allerdings berücksichtigen die SCORE-Systeme einige Faktoren und Krankheiten nicht, die in die Risikobeurteilung einbezogen werden sollten:

  • körperliche Aktivität
  • psychosozialer Stress
  • Vorhofflimmern
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • Herzwandverdickung
  • Nierenerkrankungen
  • Psychische Erkrankungen wie Depression
  • Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis

Für gesunde Menschen mit niedrigem Risiko gelten folgende Richtwerte:

  • Gesamtcholesterin <190 mg/dl = 5,0 mmol/l
  • LDL <116 mg/dl = 3,0 mmol/l
  • HDL mindestens 40 mg/dl (Männer) bzw. 48 mg/dl (Frauen)
  • Triglyzeride <150 mg/dl = 1,69 mmol/l

Menschen mit mittlerem Risiko

Ein mittleres Risiko liegt vor bei Patienten, die bei der Risiko-Profil-Bestimmung ein 10 Jahres-Risiko von 1 bis 5% für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall haben.

Bei einem mittleren Risiko gelten folgende Richtwerte:

  • Gesamtcholesterin <190 mg/dl = 5 mmol/l
  • LDL <100 mg/dl = 2,6 mmol/l
  • HDL mindestens 40 mg/dl (Männer) bzw. 48 mg/dl (Frauen)
  • Apolipoprotein A1 >120 mg/dl (Frauen >140 mg/dl)
  • Triglyzeride <150 mg/dl = 1,69 mmol/l
  • Non-HDL-Cholesterin <130 mg/dl
  • Apolipoprotein B < 100 mg/dl

Menschen mit hohem Risiko

Bei einem hohen Risiko sollte Ihr LDL-Cholesterin auf unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) gesenkt werden. Von einem hohen Risiko spricht man, wenn das Risiko einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten 10 Jahren zu bekommen 5 bis 10% beträgt.

In diese Gruppe zählt man auch Menschen mit angeborener familiärer Cholesterinerhöhung, Diabetes mellitus (ohne Endorganschaden oder weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren), Patienten mit einer mäßigen Nierenschwäche (GFR 30–59), Raucher, Menschen mit massiver Hypertonie  (mehr als 180/110), stark erhöhten Triglyzeriden (über 310 mg/dl) oder niedrigen HDL-Werten. Wenn Eltern oder Geschwister einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in einem Alter unter 60 Jahren erlitten haben, geht man auch von einem hohen Risiko aus.

Bei Patienten mit hohem Risiko sollte der LDL-Cholesterinwert unter 70 mg/dl gesenkt werden. Bei einem vor der cholesterinsenkenden Therapie erhöhten LDL von 100–200 mg/dl wird eine Senkung des LDL um mehr als 50% empfohlen. So sollte z. B. dann ein LDL-Wert von 160 mg/dl auf mindestens 80 mg/dl vermindert werden.

Bei einem hohen Risiko gelten folgende Richtwerte:

  • Gesamtcholesterin <190 mg/dl = 5 mmol/l
  • LDL <70mg/dl = 1,8 mmol/l (oder Senkung um 50%)
  • HDL mindestens 40 mg/dl (Frauen: 48 mg/dl)
  • Apolipoprotein A1 >120 mg/dl (Frauen >140 mg/dl)
  • Triglyzeride <150 mg/dl = 1,69 mmol/l
  • Non-HDL-Cholesterin <100 mg/dl
  • Apolipoprotein B <80 mg/dl

Menschen mit sehr hohem Risiko

Noch niedrigere Zielwerte werden angestrebt bei Patienten mit einem 10-Jahresrisiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall über 10%. Wer schon einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch nur eine TIA (Transitorisch ischämische Attacke) gehabt hat, zählt ebenfalls zu den Menschen mit sehr hohem Risiko. Zu dieser Gruppe gehören auch Menschen, die eine koronare Herzkrankheit (KHK, Herzkranzgefäßerkrankung), eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Durchblutungsstörung der Beine), eine Erweiterung der Bauchaorta (Aortenaneurysma), eine schwere Nierenschwäche (GFR unter 30 ml), eine Einengung der Halsschlagader (Carotisstenose) oder Diabetes mellitus mit Folgeschäden (z. B. Eiweiß im Urin) haben. Wenn Diabetiker rauchen oder zusätzlich hohen Blutdruck haben, besteht ebenfalls ein sehr hohes Risiko.

Folgende Befunde im Herz-Gefäß-Check führen zur Eingruppierung in diese Höchstrisikogruppe:

  • Ausgeprägte Plaques (Verkalkungen) in den Hals- oder Leistengefäßen
  • Erhöhte Pulswellengeschwindigkeit der Gefäße
  • Kalzium-Score über 100 im Herz-CT

Bei einem sehr hohen Risiko sollte das LDL-Cholesterin auf unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) oder um mindestens 50% gesenkt werden. Das bedeutet, dass bei einem LDL-Wert von 120 mg/dl ohne Therapie ein LDL-Wert von unter 60 mg/dl angestrebt werden sollte.

Bei sehr hohem Risiko gelten folgende Richtwerte:

  • Gesamtcholesterin <180 mg/dl = 4,64 mmol/l
  • LDL <55 mg/dl = 1,4 mmol/l (oder Senkung um 50%)
  • HDL mindestens 40 mg/dl (Frauen: 48 mg/dl)
  • Apolipoprotein A1 >120 mg/dl (Frauen >140 mg/dl)
  • Triglyzeride <150 mg/dl = 1,69 mmol/l
  • Non-HDL-Cholesterin <85 mg/dl
  • Apolipoprotein B <60 mg/dl

Wenn es innerhalb von zwei Jahren trotz Therapie zu einem zweiten Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall kommt, sollte das LDL sogar unter 40 mg/dl (1,0 mmol/l) gesenkt werden.

Übersicht der LDL-Cholesterin-Zielwerte

  • Niedriges Risiko: LDL <116 mg/dl
  • Mittleres Risiko: LDL <100 mg/dl
  • Hohes Risiko: LDL <70 mg/dl
  • Sehr hohes Risiko: LDL <55 mg/dl
  • Nach zweitem Ereignis: LDL <40 mg/dl

Die Cholesterinwerte müssen nicht nüchtern bestimmt werden, da der Cholesterinspiegel durch Nahrungsaufnahme nur unwesentlich beeinflusst wird. Die Triglycerid-Werte allerdings sind nach dem Essen durchschnittlich um 30 mg höher.

Ergänzende Spezial-Laboruntersuchungen

Für die individuelle Risikobeurteilung sind die üblichen Laborwerte wie Gesamt-Cholesterin, HDL- und LDL-Cholesterin und Triglyceride  oft nicht ausreichend. Zusätzliche Informationen bietet die Messung von Non-HDL-Cholesterin, Apolipoprotein B, Apolipoprotein A1 und Lipoprotein(a). Diese auch für die Therapie wichtigen zusätzlichen Laborwerte werden meist nur in speziellen Cholesterin-Zentren bestimmt.

Unterschiedliche Leitlinien

Die aktuell gültigen Leitlinien stammen aus dem Jahre 2019 und sind eine gemeinsame Empfehlung der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS): https://academic.oup.com/eurheartj/article/41/1/111/5556353

Die früheren Empfehlungen der ESC/EAS aus dem Jahre 2016:
https://academic.oup.com/eurheartj/article/37/39/2999/2414995/2016-ESC-EAS-Guidelines-for-the-Management-of

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) empfahl weiterhin die Therapie anhand von definierten Zielwerten und verwies auf die Gemeinsamkeiten beider Leitlinien-Konzepte. Die Zielwerte (Empfehlung der Europäischen Gesellschaften) seien in der Regel nur mit höheren Dosierungen der Statine (Empfehlung der US-Leitlinien) zu erreichen.

Beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in 2015 forderten Experten eine Senkung des Zielwertes für LDL-Cholesterins, da die neuen PCSK9-Hemmer dies ermöglichen würden.

Die unterschiedlichen Leitlinien machen die Therapie von zu hohen Cholesterinwerten nicht leichter. Es empfiehlt sich deshalb, im Zweifel den Rat von Ärzten einzuholen, die sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt haben. Manche Praxen bieten Cholesterin-Spezialsprechstunden an.

Wenn die Cholesterinwerte zu niedrig ausfallen

Zu niedrige Cholesterinwerte können demgegenüber auftreten aufgrund:

Insofern können zu niedrige Cholesterinwerte auch Anzeichen für eine Erkrankung sein und bedürfen auch ärztlicher Abklärung. 

Die Empfehlungen der American Heart Assoziation (AHA) zum Cholesterin werden regelmäßig aktualisiert.

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